Der Apostelbrief

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Glaube 4.0

Autor

Computer und Informationstechnik (kurz „IT“), beherrschen unseren Alltag. Es gibt kaum einen Lebensbereich, in dem sie nicht, sichtbar oder unsichtbar, unser Leben mitbestimmen. Moderne Autos sind eigentlich Rechenzentren auf Rädern mit 60 bis 90 mikroprozessorgestützten Steuergeräten, die über mehr Rechenleistung verfügen als die NASA für das Apollo Mondprogramm zur Verfügung hatte. Und immer, wenn es um die Durchdringung eines Lebensbereichs mit IT geht, bekommt der eine Nummer: „4.0“. Und so haben wir heute „Industrie 4.0“, „Schule 4.0“, „Medizin 4.0“ und so weiter.

Aber was ist mit „Kirche 4.0“? Kann es so etwas wie „Glaube 4.0“ geben – voll digitalisiert?

Der frühere CVJM-Generalsekretär Ulrich Parzany hat oft gesagt, ein Christ solle niemals „unbewaffnet“ aus dem Haus gehen, sondern immer ein Neues Testament bei sich tragen. Im Lutherjahr bietet die Deutsche Bibelgesellschaft die neue Lutherbibel kostenlos zum Download für Smartphones und Tablet Computer an – inklusive Volltextsuche. Und das Internet bietet neben viel Datenmüll auch unzählige Andachten, Bibelauslegungen, Predigten, christliche Musik und Videos. Auch die Apostelkirche Gerbrunn ist seit fast zwanzig Jahren im Internet präsent.

Aber im Gottesdienst ist die digitale Revolution noch nicht ausgebrochen. Erst sehr wenige Pfarrerinnen und Pfarrer nutzen einen Tablet-Computer und schreiten nach wie vor lieber mit Ringbuch und Handbibliothek zum Altar. Und wenn eine Konfirmandin ihr Smartphone zückt, denkt man wahrscheinlich nicht zuerst daran, dass sie den Predigttext in ihrer Smartphone-Bibel mitlesen will.

Die Kirche kann von digitalen Werkzeugen vermutlich noch wesentlich mehr profitieren als sie das heute tut. Aber es bleibt ein grundlegendes Störempfinden, wenn die Welt des Glaubens auf die Welt der Informationstechnik trifft.

Vielleicht nicht ganz zu Unrecht: in der Gemeinde wie im christlichen Glauben ganz allgemein geht es um Beziehungen, zum einen zwischen Gott und Mensch und zum anderen zwischen Menschen. Und Beziehungen pflegt man am besten ohne Medien. Deshalb reisen Politiker und Geschäftsleute auch heute noch um den Globus, um miteinander ins Gespräch zu kommen, auch wenn ein Telefonat oder eine Videokonferenz schneller und billiger wäre. Einen Gottesdienst im Fernsehen oder im Internet mitzuerleben ist eben nicht dasselbe wie einen Gottesdienst in einer realen Gemeinde mitzufeiern.

Aber das wichtigste Argument gegen eine Volldigitalisierung des christlichen Glaubens ist ganz einfach: für unsere Beziehung zu Gott brauchen wir keine Medien, egal wo wir gerade sind und wie es uns geht. Ein Gebet funktioniert, frei nach Reinhard Mey, „immer und überall, selbst bei Nacht und Stromausfall.“

-pv-