Der Apostelbrief

Dezember 1997 - Januar 1998
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Stellung beziehen

Ein Mensch geht nach Arbeitsschluß noch mit seinen Kollegen auf den Weihnachtsmarkt. Da steht er nun auf dem Oberen Markt und wärmt sich die Hände an einem Glas Glühwein. Plötzlich fragt einer der Kollegen: »du gehst doch dauernd in die Kirche. Erzähl' doch mal, was ihr Christen an Weihnachten so toll findet«. Erst nach einigen Augenblicken hat sich unser Freund gefangen und auch den größten Teil des verschütteten Glühweins wieder von seiner Jacke entfernt.

Über den eigenen Glauben zu sprechen, ist den meisten Christen eher unangenehm. Das halten sie für die Aufgabe von Missionaren, jenen unerschrockenen Menschen die, mit Tropenhelm und Bibel bewaffnet, durch den Dschungel ziehen, um den Eingeborenen das Evangelium zu predigen. Den »großen« Missionsbefehl »Gehet hin in alle Welt...« (Mt. 28,18-20) beziehen wir gerne nur auf diese »Profis«.

Aber eine andere Stelle im Neuen Testament, die man als »kleinen Missionsbefehl« bezeichnen könnte, ist in dieser Beziehung nicht weniger beunruhigend. Der Apostel Petrus schreibt: »Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von Euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist« (1. Petr. 3,15). Also selbst wenn wir nicht von uns aus über unseren Glauben reden können oder wollen, so sollen wir doch wenigstens Rede und Antwort stehen, wenn wir darauf angesprochen werden. Und gerade im Advent ist das »Risiko« dafür besonders groß, denn die meisten Menschen haben zumindestens eine Ahnung, daß der Lichterglanz in den Städten und die ganzen Festvorbereitungen auch etwas mit christlichem Glauben und Kirche zu tun haben.

Deshalb ist es vielleicht ganz nützlich, sich noch einmal die wichtigsten Punkte der Weihnachtsbotschaft in Erinnerung zu rufen:

Das Grundthema der ganzen Bibel ist die Überwindung der Trennung zwischen Gott und den von ihm geschaffenen Menschen, die von Anfang an klüger sein wollten als ihr Schöpfer (ein im wahrsten Sinne des Wortes tödlicher Irrtum).

An Weihnachten wird Gott selbst Mensch, um diese Trennung zu überwinden: nicht wir müssen uns für die Gemeinschaft mit Gott qualifizieren sondern Gott selbst kommt auf uns zu.

Seine volle Bedeutung gewinnt Weihnachten allerdings erst im Blick auf Karfreitag und Ostern. Daß Gott Mensch wird, ist mehr als eine noble Geste. Er macht sich auf, um stellvertretend für uns die Konsequenzen unserer Gottesferne zu tragen.

Das verleiht Lebkuchen und Lichterketten doch gleich eine ganz andere Dimension.

-pv-