Der Apostelbrief

August - September 1998
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Von der Freiheit eines Christenmenschen

Nachdem sich nun schon seit mehreren Wochen die Urlauberströme durch Bayern quälen, hat man bald auch dort (Schul-) ferien. In dieser Zeit nehmen sich Gemeindebriefe und andere Publikationen des frommen Blätterwaldes dieses Themas an - und so wollen auch wir dies tun. Ferien, Urlaub - frei sein von den Verpflichtungen aus Beruf und Schule, frei von den Lasten des Haushalts, mit einem Wort: Freiheit.

Der freie Wille, etwas zu tun oder zu lassen, ist eines der wichtigsten Merkmale des Menschseins. Aber wie weit ist es damit her? Sind wir nicht durch die »Sachzwänge« der Familie, des Berufs oder der Gesellschaft so eingeengt, daß von Freiheit in unserem Alltagsleben nur noch wenig zu spüren ist? Da sind zum Beispiel die Familienväter, die am Wochenende, statt mit ihren Kindern zu spielen arbeiten, weil sie fürchten, sonst ihren Job zu verlieren. Da ist der Teenager der sich ohne die richtigen Markenjeans nicht mehr in die Schule traut, weil er Angst hat, sich zu blamieren. Oder die Frau, die seit Jahren nicht mehr mit ihrer Nachbarin spricht, weil sie wegen irgendeiner uralten Geschichte immer noch ein schlechtes Gewissen hat.

»Zur Freiheit hat uns Christus befreit«, so schreibt es Paulus den Galatern ins Stammbuch (Gal. 5,1). Das Leben als Christ, in einer lebendigen Beziehung mit Gott, erlaubt die Überwindung von Zwängen und Ängsten. »Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein ?« fragt Paulus im Römerbrief (Rom. 8,31). Wer den allmächtigen Gott, den Schöpfer des Universums auf seiner Seite weiß, kann gelassener die Widrigkeiten des Alltagslebens angehen.

Man sollte allerdings Freiheit nicht mit Willkür oder Beliebigkeit verwechseln. Auch wenn man frei ist, seinen Sonntagsspaziergang auf der Autobahn zu machen, ist das nicht unbedingt sinnvoll. Christ zu sein bedeutet auch, sich der Führung Gottes anzuvertrauen, weil man das als sinnvoll erkannt hat. Damit gibt man einen Teil seiner Selbstbestimmung auf. Und gerade das ist Bestandteil der Freiheit des Christen: einen Teil der eigenen Freiheit aufgeben zu können. Diesen scheinbaren Widerspruch zwischen Freiheit und Unterordnung hat Martin Luther so formuliert: »Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann Untertan.«

Peter Väterlein