Der Apostelbrief

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0800/1110111 und 0800/1110222

Telefonnummern für die Seele


Seit über 60 Jahren steht in Deutschland die Telefonseelsorge Menschen zur Seite, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden. In den 1950er Jahren wurde die Ur-TelefonSeelsorge mit der Unterüberschrift „Lebensmüdenberatung“ in Berlin gegründet. Berlin galt bis Mitte der 1960er Jahre als die Hauptstadt der Suizide. Heute arbeiten für die TelefonSeelsorge bundesweit etwa 7500 Ehrenamtliche und über 200 Hauptamtliche. Die Telefonseelsorge versteht sich als Netzwerk, das sich aus den Stellen vor Ort mit ihren eigen Trägerstrukturen und Teams aus Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen zusammensetzt. Drei bis sechs Stellen vor Ort schließen sich zu einer Organisationseinheit zusammen und nehmen gemeinsam Anrufe aus allen Einzugsbereichen entgegen. Diese Zusammenarbeit ist wichtig, um sich in fachlichen Fragen abzustimmen und um Aus- und Fortbildung der Ehrenamtlichen zu organisieren. Insgesamt haben sich die bestehenden 105 Telefon-Seelsorge-Stellen der BRD in sieben Regionen zusammengeschlossen. In den entsprechenden Regionalkonferenzen werden stellenübergreifende, organisatorische und fachliche Fragen und Themen behandelt und gemeinsame Projekte zur Fortbildung oder Öffentlichkeitsarbeit umgesetzt.

Alle TelefonSeelsorge-Stellen sind Mitglied in der Evangelischen und/oder Katholischen Konferenz für TelefonSeelsorge. Insgesamt gibt es 11 katholische, 34 evangelische und 60 ökumenische Stellen. Die Mitgliedschaft in den Konferenzen ist Voraussetzung unter dem Namen „TelefonSeelsorge“ im Netzwerk mitarbeiten zu dürfen, damit bestimmte einheitliche Standards berücksichtigt werden.

Die Evangelische Konferenz ist die Inhaberin der Rufnummer 0800-1110111 und die Katholische Konferenz der Rufnummer 0800-1110222. Beide Nummern stehen allen Anrufenden zur Verfügung. Die TelefonSeelsorge ist nicht nur über das Telefon erreichbar, sondern mittlerweile auch per Mail oder Chat und über 12 sogenannte „Offene Türstellen“ für die persönliche Beratung.

Unterstützt wird die TelefonSeelsorge durch die Deutsche Telekom AG, die seit 1997 auf die entstehenden Verbindungskosten komplett verzichtet. Seit 2009 wird die Arbeit vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert, indem zur Qualifizierung der Ehrenamtlichen Fortbildungen, Fachtagungen und wissenschaftliche Untersuchungen finanziert werden. In diesem Jahr wird vom Bundesministerium für Gesundheit der TelefonSeelsorge-Welt-Kongress „For Life to go on“ finanziell unterstützt, der vom 19.-22. Juli 2016 in Aachen stattfindet.

Einige Daten zu deren Tätigkeit: Im Jahr 2015 haben 1.795.485 Menschen die TelefonSeelsorge angerufen. Während der Anrufe wurden folgenden Themen angesprochen: seelisches Befinden (54,7 %), körperliches Befinden (25,5 %), familiäre Themen (24,1 %) und Einsamkeit/Isolation (18,1 %). 65,9 % der Anrufenden waren Frauen, 34,1 % Männer. Einen hohen Zuspruch findet die TelefonSeelsorge bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Als Problem stellt derzeit die noch mangelhafte Erreichbarkeit dar. Von den etwa 8,5 Millionen Anrufversuchen konnte nur etwa ein Fünftel entgegengenommen werden.

Am häufigsten werden psychische Erkrankungen angesprochen. Meist sind dies Menschen ohne Diagnose, die aufgrund unzureichender Therapieangebote in der TelefonSeelsorge einen kompensatorischen Ansprechpartner finden. Alleinlebende zwischen 40 und 59 Jahren scheinen hier die am häufigsten um Rat Suchenden zu sein. Etwa 46 Gespräche täglich werden derzeit zum Thema „Suizidgefährdung“ geführt. Hiervon sind jüngere Menschen bis zum 19. Lebensjahr und 60-69-Jährige betroffen.

Beim Thema Familie wird die seelische Belastung vor allem Alleinerziehender thematisiert. Auch wird die finanzielle und materielle Situation der Betroffenen häufig angesprochen. Themen wie soziales Netz, Trennung, Sterben und Tod und die daraus resultierenden Ängste stehen vielfach im Mittelpunkt der Gespräche. Von Jugendlichen wird oftmals körperliche und/oder seelische Gewalt thematisiert.

TelefonSeelsorge

Über Schulden und Armut wird von Alleinerziehenden, Alleinlebenden, Arbeitslosen und 60-69-Jährigen gesprochen. Am häufigsten melden sich Männer. Mit dem voranschreitendem Alter sind die Senioren zunehmend Belastungen ausgesetzt und wenden sich daher verstärkt an die TelefonSeelsorge. Überwiegend rufen Seniorinnen an. Auffällig ist der Anteil der älteren Menschen mit Suizidgedanken, der bei den 60-69-Jährigen sehr hoch ist. Ab 70 Jahren wird in fast 95 % der Gespräche dieses Thema nicht mehr angesprochen. Ein wichtiger Punkt ist bei den über 80-Jährigen das körperliche Befinden, das neben der Einsamkeit und Isolation häufig mitgeteilt wird. Aufgrund der demographischen Entwicklung werden auf die TelefonSeelsorge neue Herausforderungen zukommen. Allein der Anteil der über 80-Jährigen wird sich bis zum Jahr 2030 um über 50 % auf insgesamt über 6,3 Millionen Senioren erhöhen.

-HS-

Quellen:
www.telefonseelsorge.de/
www.telefonseelsorge.de/sites/default/files/TS_Jubiläumsbroschüre_2016_web.pdf
www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/deutschland-bevoelkerung-schrumpft-bis-2030-um-halbe-million-a-1042605.html