Der Apostelbrief

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Auf ein Wort
Gott groß denken

Autor

Wann haben wir eigentlich aufgehört, Gott groß zu denken und ihn zum plüschigen Accessoire unserer Kinderzimmer gemacht?

Wann waren Sie zum letzten Mal unter dem nächtlichen Sternenhimmel gestanden und ein Schauer lief Ihnen über den Rücken? Und das Gefühl, ein kleines Staubkorn zu sein in einem riesigen Universum?

Vielleicht sind ihnen in diesem Moment auch Zweifel gekommen, ob das wirklich alles nur aus Zufall entstanden sein kann. Was aber, wenn nicht? Wie müsste eine allumfassende Wirklichkeit gedacht werden, die solche Unendlichkeiten aus sich heraus gebären kann?

Groß jedenfalls, sehr groß.

Die Alten kannten noch ihren Ort vor Gott. Sie kannten noch das Erschauern vor seiner Größe, die Ehrfurcht vor seinem Namen. Sie wussten noch, dass es Gott nur einen Gedanken kostet und bei uns auf der Erde gehen die Lichter aus.

Trotz dieser Ehrfurcht sehnten sie sich nach einer Begegnung mit ihm. „Lass mich deine Herrlichkeit sehen!“, betet Mose (2. Mose 33, 18). Aber wie wahrscheinlich ist es, dass der Gott aller Welten sich um die Bedürfnisse dieser kleinen Erdenwürmer schert? Sollten sie ihm nicht egal sein, wie uns die zigtausend Bakterien egal sind, die wir bei jedem Händewaschen wegspülen?


Doch Gott versteht Mose und geht auf seine Bitte ein. Er geht an ihm vorüber, heißt es, und lässt ihn hinher-sehen. Direkt jedoch darf er ihn nicht sehen. „Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht (V. 20). Es ist wie mit der Sonne: In direkt nehmen wir ihre segensreiche Strahlung wahr. Als Farbe und Wärme. Der direkte Blick in die Sonne zerstört das Auge. So geht es uns mit Gott. Im Nachhinein ahnen wir manchmal: Hier ist Gott an uns vorbei gegangen. Diese neue Lebendigkeit ist ihm zu danken.

Mose hat dies gereicht, um neuen Mut zu bekommen. Auch uns sollte es reichen.

Aber einmal mehr beweist Gott, dass sein innerstes Wesen die Verneinung der Gleichgültigkeit ist. Er findet einen Weg, sich noch viel weitreichender in diese kleinen Menschlein am Rande des Universums einzufühlen, an denen er irgendwie einen Narren gefressen hat. Trotz ihrer maßlosen Selbstüberschätzung und manch absonderlichen Verhaltens.

Gleichzeitig ist es ein Weg, sich von ihnen indirekt ins Gesicht sehen zu lassen. Wie eine verspätete Erfüllung von Moses Wunsch: Er wird mit Jesus Mensch. Davon erzählt das Neue Testament in vielfältigen Bildern und Geschichten. Aber letztlich verkünden sie alle diese eine, absurd-schöne Botschaft: Wir kleine Erdenwürmer sind dem Gott aller Welten und Galaxien nicht egal.

Ihr Pfr. J. Riedel