Der Apostelbrief

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Auf ein Wort

Autor

Quelle und Resonanz

Liebe Gemeinde,

„Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst“, so lautet die Jahreslosung aus Offenbarung 21,6. Von was für einer Art Durst ist da die Rede? Ich würde sagen vom Durst nach Leben, nach Erfüllung, nach Sinn und Glück. Ist das eine Form von Durst, die Sie von sich selbst kennen? Die Sie dann und wann in sich spüren? Im vollgepackten Alltag wahrscheinlich weniger. Da gilt die Formel: Hauptsache funktionieren. In der Freizeit treiben wir Sport oder suchen andere Zerstreuungen. Wirkliche Auszeiten gibt es immer weniger. Dabei scheinen sich die Menschen danach zu sehnen. Die „worklife-balance“ muss stimmen, Arbeit und Leben sollen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden. Die Gewerkschaft fordert die 28-Stunden-Woche. Nach neuesten Umfragen stehen für die meisten Deutschen Familie und Gesundheit ganz weit oben auf der Liste der wichtigen Lebensinhalte, Karriere und Besitz sind zurück gefallen. Dem entspricht, was der renommierte Soziologe Hartmut Rosa herausgefunden hat: Das Glück, sich Dinge einzuverleiben, sie zu besitzen hält nicht lange vor.


Eigentlich streben wir Menschen nach etwas, das er „Resonanz“ nennt. Wir sind glücklich, wenn wir einem Ruf antworten können, wenn die Welt für uns sprechend wird, wenn wir uns wie durch einen vibrierenden Draht mit anderen und der Welt verbunden fühlen. Resonanz meint, zu hören, zu reagieren, sich verändern zu lassen. So etwas passiert nicht in einem Ich-Es-Verhältnis, sondern nur in einem Ich-Du-Verhältnis. Dieses gilt es zurückzugewinnen. Das klingt nicht nur religiös, das ist religiös. Denn dahinter steckt die Überzeugung Rosas, dass wir auch in vertikaler Beziehung in so einem Antwortgeschehen drin stecken. Dass wir gerufen sind und auf Antwort angelegt. Gott ist der tiefste Grund unserer Existenz, nicht ein schweigendes Universum. Mit ihm „in Resonanz“ zu geraten müsste demnach höchstes Lebensglück bedeuten, das Ende der Frage nach dem Sinn. Und genau das ist das große Versprechen Jesu: Dass er uns mit diesem sprechenden, väterlichen Urgrund, jener Urquelle in Resonanz bringen möchte. Unverdient und umsonst. Einzig hören und antworten müssen wir noch selbst. Vielleicht bietet die Fastenzeit ja Gelegenheit wieder einmal den eigenen Durst zu spüren und auf den Ruf zu hören.

Ein Jahr voller guter Resonanzen wünscht Ihnen

Ihr Pfarrer. Johannes Riedel