Der Apostelbrief

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Das Fest des heiligen Geistes ...

... eine Verlegenheit für uns?

Wahrscheinlich ist eher noch Ostern Ihr Thema, wenn Sie dieses Heft in Händen halten. Lassen Sie mich trotzdem schon einen Schritt weitergehen und das bald anstehende Pfingstfest in den Blick nehmen.

Denn dieses Fest löst eine viel größere Verlegenheit bei uns Menschen aus, als Ostern oder Weihnachten. Gehen Sie einmal in eine Kirche: Welche Symbole oder Darstellungen werden Ihnen begegnen? Wohl keine von Gott selbst, denn der Schöpfer läßt sich nicht darstellen. Das Gebot des Mose verbietet es sogar. Ein großes Kreuz werden Sie finden, in alten Kirchen darüber manchmal noch einen kleinen Christus mit Siegesfähnchen zum Zeichen der Auferstehung. Der Heilige - Geist? Fehlanzeige. Doch halt - manchmal findet sich eine kleine Taube über dem Kanzeldeckel: Ausdruck der Hoffnung, daß der Prediger nicht selbsterfundenes, sondern gottgewirktes Wort zu sagen hat. Aber das war's meist auch schon.

Szenenwechsel: Gemeindeabend zum Thema »Glaubensbekenntnis«. Manches erscheint schwer verständlich in diesem alten Text. Besonders auch der Satz von der »Gemeinschaft der Heiligen«. Wer ist heilig? Wenige Auserwählte?

Ich erinnere an den Satz Luthers, daß unser ganzes Leben ein Gottesdienst, also heilig sein soll. So versuchte er in seiner Zeit die krasse Unterscheidung von heilig und profan aufzubrechen.

Wir leben heute aber in einer ganz anderen Zeit. Einer Zeit, der fast nichts mehr heilig ist. Was könnte ein »Heiliger Geist« Menschen bedeuten, die immer noch als Errungenschaft feiern, was ihre bedenklichste Verarmung darstellt? Die alles materialisieren und damit entseelen? Die sich für berechtigt halten, alles anzutasten und zu vermarkten, für die es kein Geheimnis mehr gibt, keine Scheu, keine Scham? Was könnte bei diesen Menschen die Begegnung mit dem Heiligen Geist auslösen?

Zuerst wohl dies: Daß sie plötzlich die Seele entdecken, ihre wie auch die Seele in allen Geschöpfen. Daß sie lernen, auf sie zu achten und damit neu das Staunen lernen. Daß sie fähig werden, zwischen und hinter den alltäglichen Geschäften überraschende Dimensionen, Räume des Wunders wahrzunehmen. Daß die Welt transparent wird für sie. Dann aber auch, daß ein Gefühl der Ehrfurcht wächst in ihnen. Ehrfurcht für das Leben und den Gott dahinter. Be-»geisterte« Christen werden so auch zu Kämpfern gegen die Verdinglichung und Ausbeutung von Mensch und Umwelt. Die »heilige, christliche Kirche« fängt an auszustrahlen auf die profanisierte Welt, teilzunehmen an dem Kampf des Geistes zur Überwindung des Unseligen. Mitzukämpfen für eine uns heilig gewordene Welt und letztlich für das, was Jesus das »Gottesreich« genannt hat.

In diesem Sinn wünsche ich uns allen immer wieder neu solche Begegnungen mit dem »Heiligen Geist« und Ihnen allen eine gute Zeit,