Der Apostelbrief

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Fairer Handel – auch bei uns?

Fairer Handel

Internationale Dach- und Fachorganisationen des fairen Handels haben sich 2001 auf folgende Definition geeinigt:

„Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzenten und Arbeiter – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fairhandelsorganisationen, die von Verbrauchern unterstützt werden, sind aktiv damit beschäftigt, die Hersteller zu unterstützen, das Bewusstsein zu steigern und für Veränderungen bei den Regeln und dem Ausüben des konventionellen internationalen Handels zu kämpfen.“

Zu deren strategischen Ausrichtung gehört es, gezielt mit den Herstellern und den Arbeitern zusammenzuarbeiten und diese innerhalb ihrer eigenen Organisationen zu stärken um mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel zu erreichen. Unterstützer des fairen Handels möchten sich zur Linderung von Armut und zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einsetzen.

Die Spielregeln des fairen Handels sind ein Regelwerk, das alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette einhalten müssen und umfassen soziale, ökologische und ökonomische Kriterien, um eine nachhaltige Entwicklung der entsprechenden Produzentenorganisationen in den Entwicklungs- und Schwellenländern zu ermöglichen. Aus sozialer Sicht sollen so Kleinbauern und Arbeiter gestärkt werden, die sich in demokratischen Gemeinschaften und gewerkschaftlichen Organisationen mit geregelten Arbeitsbedingungen unter Verbot von Kinder- und Sklavenarbeit und Diskriminierung entwickeln. Aus ökologischer Sicht steht für den Umweltschutz der Mensch im Mittelpunkt, indem umweltschonender Anbau unter Schutz natürlicher Ressourcen im Sinne auch von Bio-Anbau, Verbot gefährlicher Pestizide oder gentechnisch veränderten Saatguts erfolgt. Aus ökonomischer Sicht ergeben sich die Anforderungen an die Hersteller und Händler, damit die Handelsbeziehungen mit dem Nachweis des Waren- und Geldflusses transparent dargestellt werden, umso die Bezahlung eines Fairtrade-Mindestpreises für alle Beteiligten sicher zu stellen.

Diese Fair-Trade-Regeln beziehen sich unter anderem auch auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und eine Vielzahl weiterer internationaler Abkommen. Im Prinzip kann man fairen Handel als eine Variante des Markenartikelhandels betrachten, wobei der Mehrwert oder der höhere Preis der Produkte dadurch begründet wird, dass wirtschaftlich schwächeren Menschen geholfen wird.

Die Produkte des fairen Handels sind mit einem Fair-Trade-Siegel gekennzeichnet. Hierbei ist zu beachten, dass die Kennzeichnung eines Produktes mit „fair“ nicht gesetzlich geregelt ist und die Fair-Trade-Siegel von anderen wie Bio- oder Umweltsiegel abzugrenzen sind.

Wie sieht es mit dem Fair-Trade-Handel in unserer Umgebung aus?

Der Landkreis Würzburg wurde im Februar 2016 vom Verein „Transfair“ als „Fairtrade-Landkreis“ ausgezeichnet, da er auf der regionalen Ebene ein Zeichen für gerechtere Handelsbeziehungen setzte. So wird zum Beispiel fair gehandelter Kaffee im Landratsbüro oder bei Sitzungen im Landratsamt ausgeschenkt. Schulen, Vereine und Kirchen im Landkreis bieten Fairtrade-Produkte und Bildungsaktivitäten zum fairen Handel an.

Neben den bereits als Fairtrade anerkannten Gemeinden Güntersleben, Veitshöchheim und der Stadt Ochsenfurt bewirbt sich auch Gerbrunn um diese Auszeichnung, wie unser Bürgermeister Stefan Wolfshörndl bestätigt hat. Sein Ziel ist es, Gerbrunn bis zum Jahresende zur Fairtrade-Gemeinde zu bringen. Im Rathaus wird beispielsweise fair gehandelter Kaffee, Tee und auch Schokolade verschenkt. Der Gemeindebauhof bezieht einen nicht unerheblichen Teil seiner Berufskleidung über Fair-Trade-Anbieter, auch die Gemeindeverwaltung verwendet für den eigenen Verbrauch bei Besprechungen und Terminen Kaffee aus nachhaltigem Anbau. Im Zusammenhang mit den Vereinszuschüssen hat der Gemeinderat im letzten Jahr ein weiteres Entscheidungskriterium, nämlich die Verwendung von Fair-Trade-Produkten, mit aufgenommen. Dies bedeutet für die Praxis, dass z.B. Vereine, die fair gehandelten Kaffee bei ihren Festen und Zusammenkünften ausschenken, eine höhere Zuwendung der Gemeinde erhalten.

In Würzburg werden Produkte des fairen Handels im Weltladen Würzburg verkauft. Dieser ist einer von über 850 Weltläden in Deutschland und wurde von der Initiative Eine Welt e.V. 1977 gegründet. Hier engagieren sich neben vier hauptamtlichen MitarbeiterInnen mehr als 50 Ehrenamtliche und verkaufen Waren aus Afrika, Asien und Lateinamerika um ein Modell für solidarisches Handeln vorzuleben, damit auch die Produzenten faire Preise erhalten. Der Weltladen ist auch ein Ort der Begegnung, um den Kontakt mit Menschen anderer Kulturen zu fördern und auf die globalen Folgen des derzeitigen Handels aufmerksam zu machen.

Auch in unserer Kirchengemeinde werden Produkte aus dem fairen Handel eingesetzt und verkauft. Seit Jahren bietet Sigrid Biller im Rahmen des Eine-Welt-Verkaufs jeden zweiten Sonntag im Monat jeweils nach dem Gottesdienst entsprechende Produkte in unserer Apostelkirche an. Im Folgenden äußert sich Sigrid Biller zum Eine-Welt-Verkauf:

»Zum Eine-Welt-Verkauf kam ich zunächst nicht aus Interesse für den fairen Handel, sondern weil ich mich in der Apostelgemeinde ehrenamtlich einbringen wollte. Gabi Sauer-Grothaus und Sigrid Palm, die seinerzeit den Eine-Welt-Verkauf in unserer Gemeinde initiiert hatten, suchten Mithelfer für den Verkauf. Nach und nach gewann ich Einblick in die schlechte Situation der „kleinen“ Produzenten in den Entwicklungsländern und die Ziele des „Fairen Handels“, nämlich die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Hersteller durch faire Preise für die Erzeugnisse. Ich sehe mich damit in der Verantwortung für mehr Gerechtigkeit in der Wirtschaft und im Handel und meine, dass auch ein ganz kleines Engagement eine gute Wirkung erzielen kann, wenn viele dabei mitmachen.«

Warum „fair kaufen“? Zunächst, damit die Waren verlässlichen Absatz finden, die Hersteller dadurch eine sichere Lebensgrundlage und Perspektive haben und in ihrer Arbeit bestärkt werden. Gewiss, die Preise sind höher als die Lebensmittel in den „normalen“ Geschäften, aber wenn wir öfter einmal zu einem „fairen“ Produkt greifen, tut es uns nicht weh und es bedeutet Hilfe für die Erzeuger der Eine-Welt-Waren. Und diese Waren sind es allemal wert, gekauft zu werden. Sie sind von guter Qualität, die Lebensmittel sind durch ihre speziellen Zutaten und Gewürze von ganz besonderem Geschmack, bei den kunstgewerblichen Sachen und den Textilien zeigen sich in großem Maß Einfallsreichtum, handwerkliches und künstlerisches Geschick.

Erwähnenswert ist noch, dass unsere Apostelgemeinde des öfteren Geschenke im Eine-Welt-Laden einkauft, beim sonntäglichen Kirchenkaffee wird Partnerkaffee verwendet, und unser Kindergarten hat einmal für die ganze Belegschaft Schürzen bestellt. Auch wenn bei unserem Eine-Welt-Stand nicht der große Umsatz gemacht wird, möchten wir doch daran festhalten, einfach um das Thema „Fairer Handel“ immer wieder ins Bewusstsein zu bringen.“

Abschließend noch ein Hinweis auf die „Bayerischen Eine Welt-Tage“, die am 19. und 20. Juli 2019 in Augsburg stattfinden. Im „Kongress am Park“ in Augsburg werden die neuesten Trends fair gehandelter Produkte präsentiert. Organisationen aus dem Eine Welt-Bereich informieren im Bereich Bildung und Kampagnen. Der Eintritt ist frei.

-HS-

Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Fairer_Handel
https://de.wikipedia.org/wiki/Fair-Trade-Siegel
https://www.fairtrade-deutschland.de/was-ist-fairtrade/fairtrade-standards.html
https://www.landkreis-wuerzburg.de/Fairtrade-Landkreis
https://www.weltladen-wuerzburg.de/seiten/index.html
Persönliche Mitteilungen von Stefan Wolfshörndl und Sigrid Biller