Der Apostelbrief

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Endlich Ferien!

Liebe Gemeinde,

»die Luft ist raus, ich bin ferienreif«, so hört man im Moment viele reden. Wem ginge es nicht manchmal so? Ferien haben, das heißt Abstand gewinnen, zu dem, was einen täglich beschäftigt, was sich verselbständigt hat. Ferien, das heißt, die Dinge in einem neuen Licht betrachten. Heißt dann auch, neu Lust bekommen, auf das Zuhause, das einem so gewohnt ist, auf die Abeit, die einem zur Last geworden ist. Ferien bieten die Chance, das Leben mit allen Sinnen neu wahrzunehmen. Dabei ist es egal, ob man wegfährt oder Ferien auf Balkonien macht. Ich möchte Ihnen gerne eine kleine Hilfe mit in die Ferien mitgeben. Eine Hilfe, zur Erholung der Sinne, eine Meditation auch zur Erholung des Glaubens:

Herr, zeige mir wieder die kleinen Dinge, damit ich mich über sie freuen kann.

Zeige mir die zarten Glieder der Pflanze, die vor meinem Fenster steht. Lenke meine Blicke auf die Wolken, die in ihrer unendlichen Zahl und ihrem unerschöpflichen Reichtum an Formen und Gestalten vorüberziehen. Laß mich das schützende Dunkel der Nacht sehen und die fahle Poesie des Mondlichtes.

Herr, zeige mir wieder die kleinen Dinge, damit ich mich über sie freuen kann.

Da waren die Menschen, denen ich begegnet bin, deren Händedruck mir Wärme schenkte, deren Worte mir weiterhalfen, mit denen ich gesprochen, gearbeitet und gegessen habe, die ich getröstet, geschätzt, geliebt habe. Da war die unschuldige Tiefe in den Augen eines fragenden Kindes, das vergnügte Blitzen in den Augen bei einem Lächeln. Laß mich all diese Kleinigkeiten wahrnehmen und schätzen, die mir das Gefühl geben, angenommen zu sein, viele kurze Momente des Glücks. Laß mich das Schweigen vernehmen, das spürbar wird zwischen Menschen, die sich verstehen.

Herr, zeige mir wieder die kleinen Dinge, damit ich mich über sie freuen kann.

Öffne mich für die Stille des Raumes, und laß sie beruhigend auf mich wirken, als Erholung für die pulsierende Hektik, die mich sonst erfaßt. Bringe die leisen Regungen zum Schwingen, in die ein Lied mein Inneres versetzen kann.

Herr, zeige mir wieder die kleinen Dinge, damit ich mich über sie freuen kann.

Schenke mir Freude an der Schönheit des Tages und an der Ruhe des Abends. Versetze mich in Staunen über das Wunder des Lichtes, das mich umgibt. Lenke meinen Blick auf die Vielfalt der Sterne, die ihre Bahnen ziehen ohne mein Tun. Zeige mir neue Wege auf, die ich gehen will mit feinfühligen, sensiblen Sinnen.

Herr, zeige mir wieder die kleinen Dinge, die mein Leben bereichern und mich lehren zu danken.

Gute Erholung und Gott befohlen!