Im Juli nahm unser Team an der ganztägigen Fortbildung „Interreligiöse Shuttletour“ in Würzburg teil. Mit einem Reisebus fährt man von einer Religionsgemeinschaft zur nächsten und erhält einen genauen Blick hinter die Kulissen der Glaubensrichtungen der Muslime, Sikhs, Buddhisten und Juden. Für uns als ErzieherInnen sind Aufeinandertreffen der Kulturen inzwischen Alltag, allerdings fehlen uns häufig wichtige Informationen und so starteten wir mit einigen Fragen und viel Neugier im Gepäck in den Tag:
1. Haltestelle: „Bait-ul-aleem Moschee“ am Heuchelhof
Dort bekommen wir einen Einblick in die Geschichte der Glaubensgemeinschaft, das heutige Leben der Ahmadi-Muslime und -Muslimas. Wir dürfen uns die separaten Gebetsräume der Frauen und Männer näher ansehen und uns wird ein Gebetsruf mit Gesten gezeigt. Außerdem liegt viel interessantes Material wie Broschüren usw. bereit, die wir uns mitnehmen dürfen. Unsere Fragen werden ehrlich beantwortet und so erfahren wir, dass nicht jeder muslimische Mann sich vorstellen kann, dass seine Tochter von einem männlichen Erzieher gewickelt wird, außerdem gilt es als Zeichen des Respekts, dass man Erwachsenen und älteren Leuten in dieser Kultur nicht die Hände schüttelt. Für uns Christen nicht das erste an was wir denken, wenn uns jemand zur Begrüßung die Hand verweigert und definitiv hilfreich als Anstoß zu Überlegungen im Umgang mit muslimischen Familien in unserer Einrichtung.
2. Haltestelle: „Sikh-Gemeinde“ in Lengfeld
Hier gewährt uns die Sikh-Gemeinde einen Einblick in ihren Alltag, deren Lehre die Gleichheit aller Menschen betont. Wie ihre Mitglieder betreten wir mit Kopfbedeckung, ohne Schuhe und nach dem Waschen unserer Hände ihren Gebetsraum. Alles ist total bunt und in der Mitte steht eine Art „Altar“, in dem ein Gläubiger der Gemeinde vor deren Heiliger Schrift sitzt und mit einem Wedel fächert. Das Buch hat sogar ein Bett im Nebenraum und wird schlafen gelegt. Ein sehr wertschätzender Umgang mit diesem wichtigen Buch, wie wir finden.
Die Identität der Sikhs beruht auf den Kakaar – Kamm, Armreif, Haare und Turban, Schwert, sowie Shorts. Der Khalsa singt und spielt uns ein traditionelles Lied, während wir auf dem Boden sitzen ohne die Füße Richtung Altar zu wenden. Das besondere an den Sikhs ist, dass alle zu jeder Zeit bei ihnen willkommen sind und eine Mahlzeit bekommen. So werden auch wir mit Toast mit Ei und Gewürzen und Tee verköstigt. Je nach Auslebung des Glaubens leben sie vegan oder vegetarisch. Die Achtsamkeit gegenüber anderen und Gegenständen sind ebenso wichtige Säulen des Zusammenlebens in unserer pädagogischen Einrichtung. In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus der Gemeinde der Sikhs erfahren wir, dass sie bei uns wegen ihrer Kopfbedeckung auch Mobbing ausgesetzt sind. Wir spüren, wie wichtig es ist, schon früh den Kindern Vielfalt zu erklären und vorzuleben.
3. Haltestelle: „Buddhistisches Meditationszentrum Würzburg Yun Hwa Dharma Sah“
Mitten in der Innenstadt, in einem Mehrfamilienhaus der Friedensstraße, wird die Lehre des Sozialen Buddhismus von Supreme Matriarch Ji Kwang Dae Poep Sa Nim praktiziert. Die fünf ethischen Grundsätze bilden die Grundpfeiler des sittlichen Verhaltens der SchülerInnen. Buddhistische Gesänge, Mantra-Singen, Sitzmeditationen, Niederwerfungen und Gebetszähler gehören zu den Aspekten des täglichen Lebens. Auch wir lernen ein Lied kennen und dürfen an einer fünfzehnminütigen Mediation in Stille teilnehmen. Der Soziale Buddhismus gibt in seinem Verständnis bedeutungsvolle, wirksame Methoden und Werkzeuge an die Hand, mitten im Alltag mit seinen vielen Herausforderungen innere Ruhe und Klarheit zu finden und harmonische Beziehungen zu leben. Solche kleinen Momente des Innehaltens und zur Ruhe finden, sind im Alltag auch in unserer Arbeit mit den Kindern zentral.
4. Haltestelle: Shalom Europa, das neue jüdische Gemeinde- und Kulturzentrum Würzburg
Dort dürfen wir die Synagoge besuchen, Jungen und Männer tragen hierfür eine Kippa, und sehen die vielen Gedenktafeln, den großen Tora-Schrank und erfahren einiges über das Leben als gläubiger Jude und gläubige Jüdin. Danach setzen wir uns zusammen, dürfen Fragen stellen und bekommen einen Einblick in die Jugendarbeit, indem sie uns stolz einen Gesangsbeitrag aus einer TV-Show, bei der sie mitgewirkt haben, zeigen. Außerdem sehen wir einen Filmausschnitt aus dem Film „Masel Tov Cocktail“, der vom Teenagerleben von Dimitrij Liebermann (Dima), einem jüdischen Gymnasiast, handelt. Im Rahmen der Arbeit mit jüdischen (Klein-)Kindern steht auch das Thema Essen im Mittelpunkt und wir erfahren, dass es in Würzburg nur einen Dienstleister gibt, der kosheres Essen anbietet.
Wir haben an diesem Tag nicht nur viel erfahren, sondern konnten auch vieles für uns selbst und unser Tun und Handeln mit Kindern mitnehmen. Überall wurden wir herzlichst empfangen und mit kleinen Köstlichkeiten und Getränken versorgt und haben uns sehr wohl gefühlt.
Die interreligiöse Shuttletour leistet einen wichtigen Beitrag, Menschen anderer Religionen besser zu verstehen, zu respektieren und Missverständnisse auszuräumen, die häufig allein aufgrund von Unwissen anderer Gepflogenheiten im alltäglichen Umgang miteinander entstehen.
Nach den Sommerferien ging es dann in unserer Einrichtung und in der Kirche gleich mit einem sehr wichtigen und für Kinder sehr schönem christlichen Fest, dem ERNTEDANKFEST, los. Der diesjährige Familiengottesdienst wurde von Krippen- und Kindergartenkindern sehr schön mitgestaltet.
Liebe Grüße aus der Kindertagesstätte
das Team mit Sara Schmid und
Susanne Schlechtweg-Herpich