Der Apostelbrief

Februar - März 2000
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Total Normal

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Wer ist schon normal? Albert Einstein, Steffi Graf oder Mutter Theresa würden wir sicher nicht zu dieser Gruppe zählen. Aus dem Dunst der alltäglichen Mittelmäßigkeit ragen sie auf der einen oder anderen Seite weit heraus. Und wir freuen uns, wenn solche Prominente dann in Interviews von sich sagen, sie seien welche von uns – ganz normale Menschen eben. Aber wer ist dann normal? Und wer bestimmt das? Als normal empfinden wir »normalerweise« etwas oder jemanden, der unauffällig ist. Einen Menschen zum Beispiel, der oder die sich so kleidet, so benimmt und so lebt wie die Mehrheit. Uns selbst zum Beispiel.

In der Technik ist die Sache einfach: dort gibt es Normen, denen ein Bauteil innerhalb gegebener Toleranzen genügen muß, damit es verwendet werden kann. Aber bei Menschen? Welche Toleranzen lassen wir da zu? Das Problem ist, daß uns Abweichungen von der Norm verunsichern. Wir wissen nicht, wie wir mit jemandem umgehen sollen, der ganz anders ist als wir selbst. Das gilt für den Umgang mit behinderten Menschen genauso wie für Menschen, die aus anderen Kulturen oder sozialen Verhältnissen stammen. Im Extremfall schlägt diese Angst vor dem Ungewohnten sogar in Aggression bis hin zu physischer Gewalt um. Akzeptiert man die Sicht der Bibel über unsere Welt, so gewinnt die Frage nach der Normalität eine andere Perspektive.

Gott hat jeden einzelnen Menschen geschaffen und liebt ihn als sein Kind. Und diese Schöpfung ist keine Massenproduktion nach DIN oder ISO. Jeder Mensch ist eine Einzelanfertigung. Selbst eineiige Zwillinge, deren »genetischer Bauplan« identisch ist, entwickeln sich zu eigenständigen, wenn auch häufig ähnlichen Persönlichkeiten. Normal ist an einem Menschen aus biblischer Sicht eigentlich nur, daß er ein Geschöpf Gottes ist.

Zugegeben, bei manchen unserer Artgenossen werden wir nie verstehen, warum Gott sie so geschaffen hat, wie sie sind. Aber vielleicht ist es ja seine Absicht, wenn uns solche Menschen aus dem Trott der Normalität herausreißen. Friedrich von Bodelschwingh, der Gründer der Anstalten Bethel wurde einmal gefragt, warum Gott behinderte Menschen geschaffen habe. Seine Antwort: »Damit wir etwas zum lieben haben.«

-pv-