Der Apostelbrief

August - September 2000
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Lebenswege erleben

Das Bild des Weges begleitet uns im Jahr 2000 durch mehrere Monatssprüche. Im März erinnerte ein Johannes-Wort (Kapitel 14,6) an Jesus Christus: »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.« Der Monatsspruch für September stammt aus dem Prophetenbuch Jeremia (Kapitel 6,16): »Fragt nach den Wegen der Vorzeit, welches der gute Weg sei.« Im November wird ein Jesaja-Wort (Kapitel 57,18) auf Gott, den Tröstenden, hinweisen: »Ich sah, welchen Weg mein Volk ging.«

HEINZ ZAHRNT geht in seinem aktuellen Buch »Glauben unter leerem Himmel« noch einmal alles durch, was er seit seinem ersten Buch (1947) geschrieben hat. Vieles davon mutet ihn wie ein Gruß aus gelebten Zeiten an. Anderes überrascht ihn durch ungeminderte Aktualität. »Diese Wiederbegegnung mit dem eigenen Werk weckte in mir den Wunsch, das Viele und Vielerlei noch einmal auf das Wichtige und Wesentliche zu konzentrieren.« Zahrnt versteht sein neues Altersbuch als »Lebensbuch« in diesem Sinne: Es möchte Leserinnen und Leser zum »Erleben des Lebens« ermutigen.

Wenn dieses Wort vom »Erleben des Lebens« helfen kann, den Bund zwischen Glauben und Leben für jeden und jede neu zu festigen, wäre es eine gelungene Zusammenfassung des Monatsspruches für September. Da wäre die Wiederbegegnung mit den Wegen der Vorzeit und die Konzentration auf wesentliche Stationen meines Lebensweges. Und da wäre auch die Ruhe für die Seele in der Erinnerung an gelungenes Leben.

Die Seele findet keine Ruhe

Aber der böse Weg und der schlechte Weg in unserer Welt haben stets ein konkretes Gesicht: Hunger, Armut, Arbeitslosigkeit, Unterdrückung, Kindersterblichkeit, Folter, Krieg. Hat der gute Weg auch ein konkretes Gesicht? Für Zahrnt kommt das Gute »nicht ohne Anwendung von Macht« aus. Darum empfindet er es als Heuchelei, wenn Christen die Macht als böse verachten und sich ihrer eigenen Ohnmacht rühmen.

Der moderne Mensch erlebt nicht, er seufzt sich müde und wird matt. Eine große Müdigkeit steckt in ihm, wenn er nur dem Schein des Augenblicks nachlebt, wenn sein Leben nur von »Events« gelebt wird. Auf diesem Weg wird seine Seele nie Ruhe finden.

Erich Franz