Der Apostelbrief

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Evangelische Christen in Kasachstan

Vortragsabend in der Apostelkirche

Vor 250 Jahren wanderten viele Deutsche nach Russland aus, vor allem an die Wolga, in die Ukraine und in den Kaukasus. Unter Stalin wurden diese »Russlanddeutschen« dann nach Sibirien, Kasachstan und Mittelasien verschleppt. Viele sind umgekommen. Über Jahrzehnte waren der Gebrauch der deutschen Sprache und christliches Leben (sogar der Besitz einer Bibel und häusliches Gebet) streng verboten. Trotzdem gibt es heute hinter dem Ural über 400 evangelisch-lutherische Gemeinden, die von Laien geleitet werden. Obwohl viele nach Deutschland ausreisen, wollen oder müssen Hunderttausende dort bleiben. Diese in ihrer Heimat verwurzelten Russlanddeutschen kämpfen mit immensen wirtschaftlichen, organisatorischen und spirituellen Problemen und hoffen darauf, in ihrer Aufbauarbeit von Pfarrern und Gemeinden aus dem fernen Deutschland unterstützt zu werden.

Dieser großen Aufgabe hat sich Friedwald von Dufving, ein Pfarrer im Ruhestand aus Niedersachsen, mit ganzem Herzen verschrieben. Er bereist seit 10 Jahren Kasachstan und hilft dort unermüdlich beim Wiederaufbau der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Am 5. Dezember war Friedwald von Dufving in unserer Apostelkirche, um in einem Diavortrag über seine Erfahrungen und Erlebnisse zu berichten.

Er erzählte, wie dort junge Männer und Frauen zum Predigt- und Seelsorgedienst ausgebildet werden, wie die wiedererstarkende Kirche wegen des Fehlens eines staatlichen Sozialsystems immer mehr diakonische Aufgaben wahrnehmen muss, und welche Schwierigkeiten dabei überwunden werden müssen, von denen wir fast keine Vorstellung haben. Die Arbeit ist schwer, aber zugleich auch schön, da voller Hoffnung. Trotz der anhaltenden Ausreise vieler Deutschstämmiger beginnen in Kasachstan und anderswo wieder Gemeinden zu wachsen, und die frohe Botschaft von der Liebe Gottes trägt neue Früchte.

Der Vortrag enthielt nicht nur eine Fülle interessanter und sehr lebendig vorgetragener Informationen, sondern auch sehr bewegende Momente: die Schilderung einer Frau, die im hohen Alter von Friedwald von Dufving getauft wurde und dann während des ganzen Gottesdienstes vor Freude darüber weinte, nun endlich zur Gemeinschaft dazuzugehören; die Beschreibung der unendlichen Not der Kinder, die im Gebiet Semipalatinsk aufwachsen, nur wenige Kilometer vom berüchtigten Testgelände entfernt, auf dem die Sowjetunion in den 50er und 60er Jahren eine große Zahl (überirdischer!) Atombombentests durchführte; die Freude einer kleinen Dorfgemeinde darüber, demnächst für ihr weitgehend in Eigenleistung erbautes »Bethaus« eine ausgediente Glocke aus Deutschland zu bekommen.

Allen, die an dem Abend teilgenommen und Friedwald von Dufvings Arbeit mit Spenden unterstützt haben, sei herzlich gedankt. Auch 2002 wird Friedwald von Dufving wieder die Länder der ehemaligen Sowjetunion besuchen, nunmehr mit einem Schwerpunkt auf Kirgisien, wo durch seine Initiative chronisch kranke Kinder mit Spezialmedikamenten versorgt werden können. Wenn Interesse besteht, wird er darüber wieder in unserer Apostelkirche berichten.

Jürgen Appell