Der Apostelbrief

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Berufung Beruf

Welche Berufe sind für Christen geeignet? So fragt sich mancher junge Christ gegen Ende seiner Schullaufbahn. Über Jahre hinweg hat er oder sie in unseren Gemeinden gelernt: Wirklich Gott dienen könne man eigentlich nur im "vollzeitlichen Dienst" als Pfarrer(in), Diakon(in) oder ähnlichem. Für Frauen käme allenfalls noch Krankenschwester in Frage.

Allen anderen, die trotzdem Ingenieure, Betriebswirte oder Verwaltungsbeamte werden, bliebe demnach nur noch, sich neben ihrem "weltlichen" Beruf als Ehrenamtliche im "geistlichen" Bereich zu engagieren.

Diese in christlichen Kreisen weit verbreitete Weltsicht ist eigentlich griechisch. Sie geht auf Platon und Sokrates zurück. Der Kirchenvater Augustinus hat die Trennung von "geistlichen" und "weltlichen" Tätigkeiten in die christliche Lehre integriert.

Gott mag diese Welt, er liebt sie über alles - so sehr, dass er seinen einzigen Sohn, Jesus Christus, für diese Welt gegeben hat (Joh. 3,16). Deshalb beruft Gott Menschen zum Wohle dieser Welt in ganz verschiedene Aufgaben, auch dahin, wo man es vielleicht gar nicht vermutet.

Viele von uns wünschen sich mehr Christen in verantwortungsvollen Positionen in Politik und Wirtschaft. Dann müssen wir es aber auch ertragen, wenn Christen sich ganz bewusst als Christen in Parteien engagieren, statt im Kindergottesdienst oder im Altenkreis mitzuarbeiten.

Menschen, die verantwortungsvolle Positionen im Beruf innehaben, haben oft nicht die Zeit und die Kraft, sich daneben auch noch in der Gemeinde zu engagieren.

Entscheidend ist die Motivation: Wenn sich ein Mensch von Gott dazu berufen weiß, sich ganz bewusst als Christ in besonderer Weise in seinem oder ihrem Beruf zu engagieren und dadurch vielleicht zehn, hundert oder mehr Menschen einen Arbeitsplatz zu sichern, dann ist das für das Reich Gottes genauso wertvoll, wie die vermeintlich "heiligere" Mitarbeit in der Gemeinde.

Solche Menschen brauchen uns und die Gemeinschaft mit uns in der Gemeinde, im Gottesdienst oder in Hauskreisen als "geistliche Tankstelle", an der sie die Kraft schöpfen können, um ihre Alltagsaufgaben zu bewältigen.

Wozu Gott einen Menschen berufen hat, weiß in der Regel nur er oder sie selbst. Das herauszufinden, ist nicht einfach und verlangt unbedingte Ehrlichkeit sich selbst und seinen Mitchristen gegenüber. Und natürlich gibt es solche, die Berufung sagen, aber Bequemlichkeit meinen.

Aber das ist deren Problem und nicht meins.

-pv-