Der Apostelbrief

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Kleider machen Leute

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sagt das Sprichwort. Und unsere Erfahrung bestätigt das. Wer in Jeans und T-Shirt in das Autohaus mit dem Stern geht und eine Probefahrt mit dem Spitzenmodell machen möchte, wird vermutlich scheitern. Derselbe Mensch in Anzug und Krawatte hat es da deutlich leichter.

Zuweilen begleitet ein Wechsel der Kleider entscheidende Schritte im Leben eines Menschen. Wer in ein Kloster eintritt, legt seine eigenen Kleider ab, um fortan nur noch die Tracht des jeweiligen Ordens zu tragen. Wer Soldat wird, legt seine Zivilkleidung ab und trägt Uniform.

In den Gemeinden des ersten Jahrhunderts war es üblich, dass die Taufkandidaten vor der Taufe ihre alten Kleider auszogen und ein neues, weißes Taufgewand anlegten. Damit wurde deutlich gemacht, dass die Getauften nun von ihrer Schuld befreit waren und in der Gemeinschaft mit Gott leben konnten.

In Kapitel 7 der Offenbarung des Johannes wird beschrieben, dass die Erlösten Menschen aus aller Herren Länder weiße Kleider tragen, die sie im Blut des Lammes gewaschen haben (Offb. 7,14). Wer schon einmal versucht hat, einen Blutfleck aus einem weißen Kleidungsstück zu entfernen, ahnt, dass es sich hier nicht um Kleiderpflege im üblichen Sinne handelt.

Die ersten Leser der Offenbarung kannten das Bild allerdings genau: In der Antike war es üblich, das Blut von Opfertieren als Reinigungsmittel für das eigene Versagen oder Fehlverhalten zu nutzen.

Die Standard-Garderobe des Menschen besteht aus zweifelhafter Haute-Couture wie dem Hemd des Geizes, der Hose des Egoismus oder dem Pulli der Lieblosigkeit. Mit diesen Klamotten können wir ebenso wenig in Gottes Nähe leben wie ohne Frack beim Wiener Opernball.

Aber Gott macht uns das Angebot, diese traurigen Fetzen gegen ein strahlend weißes Gewand einzutauschen, in dem wir uns ihm selbst nähern und auf Dauer in seiner Nähe leben können. Anziehen müssen wir dieses Gewand allerdings selbst, da ist unsere eigene Entscheidung gefragt.

Die Bibel bezeugt, dass dies nur möglich ist, weil Gott selbst in Jesus Christus Mensch geworden ist und für unsere Schuld ihm und unseren Mitmenschen gegenüber durch seinen Tod bezahlt hat.

Im Advent und an Weihnachten erinnern wir uns an den ersten Teil dieser größten Rettungsaktion der Geschichte: Gott wird Mensch.

Wenn wir uns also am Heiligen Abend in den Sonntagsstaat werfen um in die Kirche zu gehen und unter dem Weihnachtsbaum zu sitzen, ist das schon eine winzige Vorahnung von dem, was in jenem Stall in Bethlehem begann: Gott kommt zu den Menschen, damit die Menschen wieder zu ihm kommen können.

-pv-