Der Apostelbrief

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Sanftes Leiden

Gedanken zur Passionszeit

Werbung kann ohne »Passion« nicht leben. Egal, ob Parfum, Autos oder Turnschuhe – alles ist Passion. Mit dem christlichen Sinn des Wortes hat das auf den ersten Blick wenig zu tun. Gemeint es wohl eher die wörtliche Übersetzung »Leidenschaft«.

»Leidenschaft« ist allerdings nicht so weit hergeholt, denn unter Passion versteht man im Christentum das Leiden und Sterben Jesu Christi mit dem Höhepunkt der Kreuzigung. Die Berichte darüber in den Evangelien werden als Passionsgeschichte bezeichnet. Das Wort selbst stammt aus dem lateinischen pati, was so viel wie erdulden oder erleiden heißt und von passio gleich das Leiden.

Im Kirchenjahr wird dem Geschehen in der vierzigtägigen Passionszeit oder auch Fastenzeit vom Aschermittwoch bis zum Karfreitag gedacht. Die Passionszeit ist traditionell mit christlichen Pflichten verbunden: Die Pflicht zum Fasten, das heißt zum Verzicht auf Alkohol, Fleisch, Milchprodukte (= Laktizinien) und Eier, Mitfeier der Karwoche und der österlichen Gottesdienste.

Geschichte der Passionszeit:

Schon im 2. Jahrhundert bereitete man sich durch zweitägiges Fasten auf Ostersonntag vor im 3. Jahrhundert wurde die Fastenzeit auf die Karwoche ausgedehnt.

Im Mittelalter waren die Fastenregeln sehr streng: man durfte nichts essen außer drei Bissen Brot und drei Schluck Bier oder Wasser. Erst 1486 erlaubte Papst Innozenz VIII. auch Milchprodukte. Heute sind nur noch der Aschermittwoch und Karfreitag - nach der katholischen Lehre - strenge Fastentage, an denen nur eine, fleischlose Mahlzeit erlaubt ist.

Martin Luther sprach sich gegen eine Fastenzeit aus. Er sah im Fasten den Versuch, mit seinem Handeln Gott zu gefallen: Der Protestant stellte vielmehr die Erinnerung an die Leiden Christi ins Zentrum der Passionszeit. In dieser Tradition stehen die vielerorts stattfindenden Passionsandachten oder Passionsspiele.

Seit rund 25 Jahren verbinden wir wieder die Passionszeit mit dem Verzicht auf liebgewonnene Gewohnheiten wie gut zu essen, zu rauchen, Alkohol zu trinken oder fernzusehen. An der Fastenaktion »7 Wochen Ohne« der Evangelischen Kirche nehmen jedes Jahr viele Millionen Menschen teil.

Die Passionszeit ist im übrigen kein festgelegter Zeitraum. Das Osterfest wurde vor langer Zeit auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond festgelegt. Ostern ist damit ein beweglicher Festtermin, der auf die Zeit zwischen den 22. März und den 25. April (Ostergrenzen) fallen kann.

JB