Der Apostelbrief

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Evangelium zum Singen

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Die Auswahl der richtigen Musik und vor allem der richtigen Lieder ist eine der heikelsten Aufgaben, wenn ein Gottesdienst vorzubereiten ist. Entweder man verfolgt eine traditionalistische Linie und vergrätzt damit die jungen Leute, deren Engagement für die Gemeinde man auf keinen Fall missen möchte. Wählt man zu moderne Lieder aus, gerät man eventuell in Konflikt mit den älteren Gemeindegliedern, ohne die man den Laden aber gleich zumachen könnte.

Glücklicherweise gibt es einen Dichter in unserem Gesangbuch, dessen Lieder fast immer passen: Paul Gerhardt, dessen vierhundertsten Geburtstag wir in diesem Jahr begehen. Seine Texte sind die Schlager des Evangelischen Gesangbuches. Da kann man nicht viel falsch machen.

Was für ein begnadetes Leben muss ein Mann geführt haben, der Verse dichten konnte wie diesen: »Wohlauf, mein Herze, sing und spring und habe guten Mut! Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.«

Als Elfjähriger erlebt Paul Gerhardt den Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. In Deutschland herrschten damals Zustände wie heute im Irak, oder im Südsudan – Terror, Tod und Zerstörung, dreißig Jahre lang. Mit zwölf verliert Gerhardt den Vater, mit dreizehn die Mutter.

Nur kurze Zeit nach Ende des Krieges schreibt Paul Gerhardt: »Ich will den Herren droben hier preisen auf der Erd; ich will ihn herzlich loben, so lang ich leben werd.«

Erst mit 48 Jahren kann Paul Gerhardt seine Frau heiraten, die er bereits seit 13 Jahren kennt. Die beiden haben fünf Kinder, von denen vier aber schon nach wenigen Monaten wieder sterben. Paul Gerhardt gerät zwischen die Fronten der Reformierten und der Lutheraner und verliert mit 59 Jahren sein Amt als Pfarrer an der Berliner Nikolaikirche.

Die Liedtexte aus dieser Zeit haben einen ernsteren Ton, sind aber nicht weniger zuversichtlich: »Kreuz und Elende, das nimmt ein Ende; nach Meeresbrausen und Windessausen leuchtet der Sonnen gewünschtes Gesicht.«

Auch wenn sie die Biographie des Dichters nicht kennen, spüren viele Menschen die Kraft, die hinter diesen Versen steckt und die sie so wohltuend von der zweifelhaften Gebrauchslyrik abhebt, die allzu häufig die Liederbücher über die Jahrhunderte bis heute angefüllt hat.

Ihm, der trotz aller Schicksalsschläge und Schwierigkeiten sein Gottvertrauen nicht verloren hat, dem nehme ich ab, wenn er mir zuruft: »Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.«

-pv-