Der Apostelbrief

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Schrödingers Katze

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Die Quantenmechanik gehört zu den Themen, bei denen sich viele Zeitgenossen schaudernd abwenden: Zu kompliziert, zu theoretisch und vor allem vollkommen nutzlos. Einer der Erfinder der Quantenmechanik, Erwin Schrödinger, wollte einen bestimmten Aspekt der Quantenmechanik erklären und hat sich dazu folgendes Gedankenexperiment ausgedacht: Eine Katze sitzt in einem Kasten, in den man von außen nicht hineinsehen kann. Außerdem befindet sich in dem Kasten ein Mechanismus, der nach einer zufällig langen Zeit ein giftiges Gas freisetzt.

Allen Tierfreunden sei gesagt: es handelt sich nur um ein Gedankenexperiment. Es kommt dabei keine echte Katze zu Schaden. Der entscheidende Punkt bei diesem Experiment ist der: So lange man den Kasten nicht öffnet, weiß man nicht, ob die Katze noch lebt, oder ob sie schon tot ist. So lange niemand nachsieht, ist die Katze sozusagen gleichermaßen tot und lebendig, obwohl sie in Wirklichkeit natürlich entweder lebt oder tot ist.

Es gibt im Leben der Menschen immer wieder Situationen, in denen man sich vorkommt wie Schrödingers Katze. Wenn jemand zum Beispiel an Krebs erkrankt und niemand weiß, ob die Krankheit zu heilen ist, oder wie lange der Mensch noch leben wird. Es ist dann, als ob dieser Mensch zwischen Tod und Leben schwebt. Oder wenn eine Firma von der Schließung bedroht ist und niemand weiß, wie lange der eigene Arbeitsplatz noch sicher ist. Es ist dann, als ob die Mitarbeiter zwischen Arbeit haben und arbeitslos sein schweben. Wie gerne würden wir da einfach die Kiste aufmachen und nachsehen, was wirklich los ist.

Aber wäre das wirklich besser? Würden wir wissen wollen, dass wir in vier Monaten, drei Tagen, zwei Stunden und fünf Minuten sterben werden? Oder wäre es wirklich besser, wenn wir wüssten, dass unser Arbeitsplatz in genau einem Jahr wegfällt?

Jesus hat seinen Nachfolgern eine gute Regel für solche Fälle gegeben: »Sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat« (Mt. 6, 33.34).

Die Zukunft ist für uns wie ein Kasten, in den wir nicht hinein sehen können. Alle Planungen, Hoffnungen und Befürchtungen schweben zwischen Hoffen und Bangen, Triumph und Trauer, Tod und Leben.

Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma ist, sich auf das Hier und Heute zu konzentrieren und aus den Möglichkeiten, die sich momentan bieten, das Beste zu machen.

Was die Zukunft angeht, so können wir uns nur auf eines verlassen: dass Jesus Christus bei uns sein wird, bis an das Ende der Welt (Mt. 28,18).

-pv-