Der Apostelbrief

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Teufelskreis

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Es war im Herbst 2007: eine Gruppe junger Männer steht in einer Münchener U-Bahn-Station und raucht. Ein Rentner weist sie auf das geltende Rauchverbot hin und bittet sie, die Zigaretten auszumachen. Die stark angetrunkenen jungen Männer verprügeln daraufhin den Rentner. Sie treten selbst dann noch auf ihr Opfer ein, als der schon hilflos am Boden liegt. Lebensgefährlich verletzt bleibt der Mann auf dem Bahnsteig liegen.

Die Täter werden schnell gefasst. Es sind alte Bekannte des Staatsanwaltes, die schon früher wegen Gewaltdelikten verurteilt worden waren. Von Reue zeigen die Täter keine Spur: Der Mann habe doch sehen können, dass sie betrunken gewesen seien und da seien sie eben gewalttätig.

Auch wenn niemand so genau weiß, was „das Böse“ ist, erkennt man an solchen Beispielen, dass es mehr als eine philosophische Spekulation ist. Aber wie wird man mit dem Bösen fertig. Natürlich muss eine Gesellschaft auf solche Straftaten mit empfindlichen Strafen reagieren. Aber das Beispiel zeigt, dass die Anwendung staatlicher Gewalt bei früheren Straftaten das Problem nicht wirklich lösen konnte.

Die Frage, wie man mit dem Bösen umgehen kann, ist nicht neu. Als Paulus seinen Brief an die christliche Gemeinde in Rom schreibt, hat er wohl ähnliche Situationen im Hinterkopf, wenn er schreibt „Lasst euch nicht vom Bösen überwinden, sondern überwindet das Böse mit Gutem“ (Römer 12,21).

Paulus ist Realist. Er weiß, dass man im Leben Menschen begegnet, die den Konflikt suchen, so friedfertig man auch sein mag. Er streitet nicht ab, dass das Leben zuweilen ungerecht ist.

Aber Paulus weist darauf hin, dass es nicht gelingen wird, das Böse mit Bösem zu überwinden. Dieser Versuch endet in der Regel damit, dass man selbst vom Bösen überrollt wird.

Der einzige Ausweg aus dem Teufelskreis von Unrecht und Vergeltung, von Verletzung und Rache ist für ihn, das Böse mit Gutem zu beantworten. Die Römer damals und wir heute sollen sogar die segnen, die uns verfolgen. Aber wie soll das gehen? Denn normal menschlich ist das ja nicht.

Der Schlüssel liegt für Paulus in der Vergebung. Weil Gott uns vergeben hat, wo wir ihn verletzt und missachtet haben, können wir auch denen vergeben, die uns übel mitgespielt haben. Wir können dann nicht nur auf Rache verzichten, sondern die anderen auch als gleichberechtigte Mitmenschen respektieren, die dieselben Rechte und Bedürfnisse haben wie wir selber – die Bibel nennt das „unsere Feinde lieben“. Das klappt nicht, weil die anderen im Grunde doch ganz nett oder weil wir so toll sind. Feindesliebe ist möglich, weil Gott uns zuerst geliebt hat.

-pv-