Der Apostelbrief

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Christen in Ägypten

Zwischen Hoffnung und Furcht

Christen in Ägyten

Über ein Drittel der afrikanischen Bevölkerung gehören dem christlichen Glauben an, wobei die Mehrheit der afrikanischen Christen nicht in Nordafrika, sondern im östlichen, zentralen und südlichen Afrika leben. In Ägypten beträgt deren Anteil 10% der Gesamtbevölkerung. Von diesen ca. 7 Millionen Ägyptern gehören nur etwa 300.000 der reformierten evangelischen Kirche an – mit Abstand die größte protestantische Kirche in Ägypten –, die sich aus der Tätigkeit presbyterianischer Missionare im 19. Jahrhundert entwickelte. Etwa 90% der Ägypter bekennen sich zum sunnitischen Islam. Interessanterweise war bis zum 7. Jahrhundert das Christentum die vorherrschende Religion, da der Apostel Markus in Ägypten schon um das Jahr 50 nach Christus missioniert hat. Der Evangelist Markus ist nach altchristlicher Tradition der erste Bischof von Alexandria und damit der Begründer der koptischen Kirche.

Unter dem Regime Mubaraks sahen sich die koptischen Christen immer mehr Diskriminierungen und Bedrohungen in Ägypten ausgesetzt. Selbst nach dem Sturz Mubaraks, den Muslime und Christen durch gemeinsame Demonstrationen auf dem Al-Tahrir-Platz in Kairo ausgelöst hatten, toben derzeit in den Armenvierteln von Kairo weiter Straßenschlachten zwischen Christen und Muslimen. So wurden am 9. März 2011 Christen von muslimischen Männern angegriffen, 13 Menschen getötet und über 150 verletzt. Auslöser war eine Demonstration von etwa 1000 Christen, die verhindern wollten, dass von Muslimen eine Kirche angezündet werden sollte. Von offizieller muslimischer Seite – vom Großscheich von Al-Azhar, Ahmed al-Tayyeb – wird die Gewalt jedoch auf Schärfste verurteilt. Grund zur Hoffnung auf ein zukünftiges friedliches Miteinander ist aus einem Artikel des Publik-Forums (Id wahda - Hand in Hand, 25.02.2011) zu entnehmen, in dem berichtet wird, dass sich Muslime und Christen in Kairo gegen Mubarak solidarisiert haben. Die Christen haben auf dem zentralen Al-Tharir-Platz zum Beispiel einen Gottesdienst gefeiert während sie von einem Menschenring von Muslimen geschützt wurden. Während sie beteten hielten sie in der einen Hand ein koptisches Kreuz, in der anderen den Koran. Es war wie ein Wunder.

Auch nach dem Sturz von Mubarak fühlen sich die Kopten weiter benachteiligt, da die Wünsche nach Veränderung der Verfassung, über die am 19. März 2011 per Referendum abgestimmt werden sollte, von dem achtköpfigen Verfassungsrat bisher ignoriert wurde. In der bisherigen Version steht noch geschrieben, dass die islamische Scharia die wesentliche Quelle der Rechtsfindung ist. Besonderes bedroht werden die koptischen Christen derzeit von der Terrororganisation Al-Qaida. Die Extremisten fordern die Freilassung von zwei »islamischen Schwestern«, die als Ehefrauen koptischer Priester zum Islam konvertiert sein sollen und seither angeblich von Kopten in einem Kloster festgehalten werden. Durch einen damit begründeten Terroranschlag auf eine Kirche – den schwersten auf Kopten seit einem Jahrzehnt – wurden am Neujahrstag in Alexandria 23 Christen getötet und über 100 verletzt. Interessanterweise gingen nach diesem Anschlag tausende von Kopten und Muslime gemeinsam auf die Straße um gegen den islamischen Terror und für gutes Verhältnis zwischen muslimischen und koptischen Demokraten zu demonstrieren. Mittlerweile hat die Militärführung des Landes, die derzeit die Staatsgewalt in Ägypten ausübt, zugesagt, die zerstörte Kirche noch vor Ostern wieder aufzubauen, ein Hoffnungsschimmer in der derzeit noch unübersichtlichen Lage bezüglich der zukünftigen Beziehungen von Muslimen und Christen.

HS

Quellen: Wikipedia, Fischer Almanach, Die-Presse.com, Publik-Forum vom 25.02.2011