Der Apostelbrief

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Begleitung Sterbender und deren Angehöriger

Die Arbeit auf Palliativ- und Hospiz-Stationen

Hochzeiten sind toll. Bei Geburten, Taufen und runden Geburtstagen ist man gern dabei und feiert im großen Kreis. Niemand beschäftigt sich jedoch freiwillig mit dem Thema Tod. Obwohl es immer eine Person aus dem engsten Familien- oder Freundeskreis treffen kann, verdrängt man das Abschiednehmen aus seinen Gedanken. Es wird nicht darüber gesprochen oder werden gar Vorbereitungen für einen solchen Fall getroffen. Tritt dann eine schwere Krankheit auf oder liegt ein geliebter Mensch im Sterben, ist man hilflos und verzweifelt.

Hilfe von außen

Jedoch ist gerade für Personen im Sterbeprozess die menschliche Zuwendung besonders wichtig. Für viele Betroffene stellen dann Palliativ- oder Hospiz-Stationen die letzte Rettung dar. Dort kann man die Pflege und Sterbebegleitung in professionelle Hände legen und sich in den letzten Tagen und Stunden vor dem Tod Beistand holen.

Bezeichneten im Mittelalter »Hospize« noch Herbergen für Wanderer und vor allem Pilger, in denen Gäste, wenn sie krank wurden, gepflegt und verköstigt werden konnten, versteht man heute unter dem Begriff im übertragenen Sinne: Sich umfassend einsetzen für ein menschenwürdiges Sterben.

Die Betreuung von Sterbenden stellt für alle Beteiligten eine hohe psychische und emotionale Belastung dar. Die Sterbebegleitung beginnt mit der Mitteilung der Diagnose einer todbringenden Erkrankung des Patienten und endet mit dem Tod. Im Hospiz müssen die Last des nahen Todes aber nicht allein der Sterbende und seine nächsten Angehörige und Freunde tragen, sondern werden durch Ärzte, Pflegepersonen und ehrenamtliche Helfer unterstützt. Sie sind Teil der Hospizbewegung, die Ende der 60-er Jahre in England entstand. Die Bewegung war unter anderem die Antwort auf eine Gesellschaft, die das Sterben und die Sterbenden immer weiter an den Rand zu drängen drohte.

Der Mensch im Mittelpunkt

Der sterbende Mensch steht mit seinen individuellen Bedürfnissen auf der körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Ebene im Mittelpunkt, sein soziales Umfeld wird involviert. Die Arbeit wird von einem interdisziplinären Team etwa aus Ärzten, Pflegepersonal, Seelsorgern, Sozialarbeitern und Psychologen geleistet. Einbezogen werden auch freiwillige Helfer, die sich um die Integration des Sterbenden und des Sterbens in die Gesellschaft kümmern. Dieses Team der Helfenden verfügt über gründliche Kenntnisse in der Symptomkontrolle und der Palliativmedizin.

Damit nicht genug: Auch sonst kirchenferne Menschen wollen während des Sterbeprozesses oft über Glauben, Religion oder den Sinn des Lebens sprechen. Nach dem Tod des Angehörigen suchen die trauernden Hinterbliebenen Unterstützung in Form von Trauerbegleitung. All das bietet die Hospizbewegung.

Palliative Versorgung

Häufig kann der Tod eines Menschen nicht mehr verhindert werden, aber zumindest die Schmerzen gelindert und so der Weg erleichtert werden. Diese Hilfe wird palliativmedizinische Versorgung genannt und zielt nicht mehr auf eine Heilung, sondern auf die Reduzierung der Folgen (Palliation). Der Begriff leitet sich von lateinisch pallium (= Mantel) ab. Übersetzt bedeutet Palliativtherapie so viel wie »ummantelnde Behandlung«, also die Linderung der Symptome einer bestehenden Krankheit.

Hilfe in Würzburg

In Würzburg bieten die Uniklinik und das Juliusspital palliativmedizinische Zentren und die Begleitung von Sterbenden an. Parallel dazu betreibt die Stiftung des Juliusspitals seit 2001 eine Akademie für Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit. Dort werden Spezialwissen zur Palliativmedizin und konkrete Erkenntnisse aus der ambulanten und stationären Arbeit an das Fachpersonal sowie an Interessierte weiter gegeben.

-jb-

Mein Vater wird sterben!

Das stand nach bangen Stunden in der Intensivstation unabänderlich fest. Er lag in seinem Bett, von einer grellen Lampe beleuchtet, an zahllosen Überwachungsmonitoren angeschlossen. Ständig piepte und blinkte irgendetwas. Alles im Raum wirkte kalt, technisch und steril.

Dann kam der Vorschlag ihn auf die Palliativstation zu verlegen, wir waren sofort einverstanden.

Mit den Nerven und Kräften am Ende, kamen wir dort an und wurden herzlich und liebevoll empfangen. Nach einem ersten Gespräch mit einer Ärztin wurde uns das Zimmer für den Vater gezeigt und die diensthabenden Pfleger/innen zeigten uns die ganze Station: da gibt es einen Raum der Stille, eine Küche, die man jederzeit nutzen darf, ein Wohn- und Schlafzimmer für Angehörige. Man zieht in gewisser Weise mit seinem sterbenden Angehörigen in eine WG von Schicksalsgenossen ein. Alles strahlt Ruhe und Freundlichkeit aus, kaum etwas erinnert daran, dass man sich nach wie vor in einem Krankenhaus befindet.

Wir konnten selbst erfahren, wie sich sowohl bei meinem sterbenden Vater als auch bei uns selbst eine gewisse Anspannung löste und einer Ruhe und Gefasstheit Platz machte. Nun konnten wir in einer freundlichen Atmosphäre gemeinsam die letzten Stunden verbringen. Die Pfleger/innen waren immer ansprechbar und halfen meinem Vater mit Schmerzmitteln und uns mit vielen wertvollen Ratschlägen. So massierte ein Pfleger meinem Vater ganz sanft die Beine oder wir benetzten ihm die Lippen mit Kakao, weil er immer so gerne Schokolade geschmeckt hatte.

Schließlich konnte mein Vater in völliger Ruhe und ohne sichtbare Schmerzen in einer friedvollen Umgebung und begleitet von seiner Familie für immer einschlafen.

Uns war dieser respektvolle und liebevolle Umgang mit dem Tod eine große Stütze, für die wir sehr dankbar sind.

-SR-