Der Apostelbrief

August - September 2013
Voriger Apostelbrief
Juni - Juli 2013
Nr. 99
Nächster Apostelbrief
Okt. - Nov. 2013

Bewusste Ernährung

Ernährung

Fleisch ist mein Gemüse

Die Party geht immer weiter! Dieser Eindruck beschleicht mich, wenn ich meine Essgewohnheiten und die meiner Mitmenschen beobachte. »Fleisch ist mein Gemüse« heißt es als cooler Spruch oder »Hey, du isst meinem Essen das Essen weg!«. Zu den bekannten Fast-Food-Ketten zu gehen ist nicht mehr hipp, sondern ein Muss. Kindergeburtstage werden dort abgehalten, der Deutsche Fußballbund lässt sich sein Jugendprogramm von Multikonzernen sponsern und selbst unter Sportlern sind Burger und Co. mittlerweile stereotype Belohnungen nach Wettkämpfen und harten Trainingseinheiten.

Grillsaison ist Fleischsaison

Galt Fleisch in der Nachkriegszeit noch als kostbarer Energielieferant, der das Überleben sicherte, wird die billig produzierte Ware teilweise billiger verschleudert als Obst und Gemüse.

»Iss wenigstens dein Fleisch auf«, sagte meine Großmutter immer, wenn der Teller viel zu voll geladen war und keine Chance hatte, alleine bewältigt zu werden. Mit dieser Einstellung gehe ich dann auch immer ran, wenn es um den Einkauf zum Grillen geht. Die Großpackung Schweinesteaks im Supermarkt kostet genauso viel, wie ein Stück beim Metzger. Und damit Auswahl da ist, kaufe ich noch Bratwürste, Rindersteaks, Putensteaks, Rehsteaks, Straußensteaks….

Grillen liegt im Trend – das behaupten zumindest die Macher des »Grill Magazins«. »Es ist, als hätte sich der Kochboom der letzten Jahre nun draußen verlagert, und das hat Gründe… Ein gutes Steak, perfekt gegrillt, ist einfach und ehrlich, aber eben auch ein kulinarischer Hochgenuss.«

Nach solchen Lobeshymnen sind folgende Zahlen nicht verwunderlich: Experten haben errechnet, dass jeder Deutsche in seinem Leben durchschnittlich 1094 Tiere »auffrisst«: Vier Kühe oder Kälber, vier Schafe, zwölf Gänse, 37 Enten, 46 Truthähne, 46 Schweine, 945 Hühner. Würde jeder wöchentlich einen ? eischfreien Tag einlegen, könnten jährlich 157 Millionen Tiere verschont bleiben.

Fleisch als Haupttreiber des Hungers auf der Welt

Lebensmittel über den Umweg »Tier« zu produzieren, bedeutet eine riesige Verschwendung. Denn nur ein Bruchteil der Energie landet in von uns verwertbaren Lebensmitteln wie Fleisch, Milch und Eier. Der Rest fließt in den Aufbau des Skeletts, die Körperfunktionen und für die Bewegung verbraucht. Und da bewegt sich allein in Deutschland viel: mehr als zwölf Millionen Rinder, 27 Millionen Schweine und 60 Millionen Hühner!

Olivier de Schutter, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zum Recht auf Nahrung, lässt sich mit folgender Rechnung zitieren: »Wenn wir den Fleischkonsum in den reichen Ländern reduzieren, ihn weltweit bis 2050 auf einen Pro-Kopf-Verbrauch auf dem Niveau von 2000 festschreiben – also auf jährliche 37,4 kg/Kopf – dann könnten ungefähr 400 Millionen Kilo Getreide für die menschliche Ernährung freigesetzt werden. Das ist genug, um 1,2 Milliarden Menschen mit ausreichend Kalorien zu versorgen.« Derzeit verbraucht jeder Deutsche 61 Kilogramm Fleisch im Jahr…

EU mit den richtigen Signalen

Geht es nach den EU-Agrarministern, sollen auch die Landwirte endlich etwas für die Umwelt tun. Die kürzlich verabschiedete Reform der europäischen Agrarpolitik soll die Landwirtschaft umweltfreundlicher machen und Kleinbetrieben nutzen. 30 Prozent der Zahlungen, welche die Bauern als Direktzahlungen aus Brüssel erhalten, bekommen sie künftig nur noch, wenn sie umweltfreundlicher wirtschaften.

Den meisten Einfluss haben aber immer noch die Verbraucher und damit ich selber. Ich kann leicht etwas für das Klima und gegen den Hunger auf der Welt tun: Weniger Fleisch essen. Das freut dann auch meine Frau, für die ich nie genug Zucchini, Auberginen, Pilze und Paprika auf dem Grill liegen haben kann.

-jb-

Ernährung