Der Apostelbrief

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Muss das sein?

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Das Bild auf Instagram traf Alice wie ein Keulenschlag: sie war deutlich zu erkennen und die Situation war mehr als peinlich. Wenn ihre Freundinnen und Freunde dieses Bild sehen würden, wäre sie erledigt. Von ihrem Arbeitgeber ganz zu schweigen.

Es kam, wie es kommen musste: alle sahen das Bild und sparten nicht mit hämischen Kommentaren. Und in ihrer Firma wurde sie zum Geschäftsführer zitiert, mit dem sie ein sehr unangenehmes Gespräch hatte. Nach etwa einer Woche meldete sich Britta, die das Bild gepostet hatte, bei Alice. Es täte ihr wahnsinnig leid, das hätte sie nicht gewollt und sie bat die Freundin: „Bitte vergib mir“.

Einfach so vergeben – geht das überhaupt? Theoretisch schon, aber es wäre schon ziemlich viel verlangt. Normalerweise gehört für uns dazu irgendeine Art von Wiedergutmachung oder Ausgleich für das erlittene Unrecht. Der juristische Fachbegriff dafür ist „Sühne“.

Was für uns Menschen gilt, gilt erst recht für Gott unseren Schöpfer, der uns nach seinem eigenen Bild geschaffen hat. Die Bibel beschreibt Gott nicht nur als allmächtig und liebevoll, sondern vor allem auch als gerecht.

Das heißt, er kann vor dem Unrecht, dass wir ihm und uns untereinander antun, nicht einfach die Augen verschließen und sagen „Schwamm drüber“. Wenn Gott allmächtig ist, kann er das grundsätzlich natürlich schon. Aber das wäre ungerecht gegenüber denen, die das Unrecht erleiden mussten.

Deshalb hat Gott sich entschieden, die Sühne für unsere Verfehlungen selber auf sich zu nehmen. Deshalb ist er in Jesus von Nazareth Mensch geworden und am Kreuz auf Golgatha gestorben, um an unserer Stelle den nötigen Ausgleich für unser Unrecht zu schaffen.

Für viele aufgeklärte Zeitgenossen ist es heute schwer verständlich und kaum erträglich, dass die Sühne für unsere Schuld derart blutig und archaisch aussehen musste. Aber das, was die Evangelien von jenem ersten Karfreitag berichten, ist wohl nur die Spitze eines Eisbergs, denn wir Menschen in seiner vollen Größe nicht einmal im Ansatz erfassen können. Und es macht deutlich, dass die Vergebung von Schuld eine sehr ernste Sache ist, die sowohl den, der vergibt, als auch den, dem vergeben wird, einiges kostet.

Wenn Christinnen und Christen einander vergeben können, wenn sie aneinander schuldig geworden sind, dann deshalb, weil sie wissen, dass Gott selbst das im Raum stehende Unrecht bereits gesühnt hat. Das macht die Vergebung nicht einfach - aber möglich.

-pv-